
Landesteil (landsdel): Götaland
Historische Provinz (landskap): Gotland
Residenzstadt (residensstad):
Visby
Verwaltungsgliederung:
Gotlands
kommun
Statistik:
Fläche: 3.140 km²
Einwohnerzahl: 57.200 (31. Dezember 2008)
Höchste Erhebung: Lojsta 82 m ü.d.M.
Größter See: Bäste träsk 6,3 km²
Bevölkerungsdichte: 18 Einw. je km²
Anteil der Fläche des schwedischen Staatsgebietes = 0,8 %
Anteil an der Gesamtbevölkerung Schwedens = 0,6 %
Landschaftssymbole:
Landesbuchstabe (Länsbokstav):
I
Landschaftsblume (Landskapsblomma): Efeu
Landschaftstier (Landskapsdjur): Igel
Die
Landschaft von Gotland variiert zwischen schroffen Steilküsten, sanften
Sandstränden, melancholischen Heidelandschaften, fruchtbarem Ackerland,
lichten Laubwäldern und steppenartigen Trockenwiesen. Die
Klippen Gotlands stammen aus der Frühzeit der Erde. Vor
über 400 Millionen Jahren sind sie in einem tropischen Meer entstanden. An
den Stränden stehen merkwürdige Säulen. Es sind Teile ehemaliger
Korallenriffe. Die Schweden nennen diese Formationen Raukar. Manche
gaben Wind und Wellen ein neues Gesicht, andere hat die Brandung in
Fabelwesen verwandelt. Über weite Strecken ließ das Meer eine zerklüftete
Küste zurück. Über Jahrtausende hat die Ostsee Gotlands Strände zu einer der
bizarrsten Küsten Europas moduliert. Selbst im Sommer schaukeln sich die
Wellen zu tosender Brandung auf. Über dem offenen Meer, westlich der Insel,
gewinnen die Stürme an Kraft und können im Winter tagelang anhalten. Es ist
ein immerwährender Kampf der Elemente.
Die Strände auf der Insel Gotland
sind ein einziges Freilichtmuseum. Immer noch findet man Versteinerungen von
Meeresbewohnern. Zeugen einer längst vergangenen Epoche. Die Felsen Gotlands
sind nicht nur an Land imposante Gebilde, sie reichen tief hinab in eine
geheimnisvolle Welt. Auch unter Wasser ist der Kalkstein von metertiefen
Spalten durchzogen. Quallen und Schwämme von Seestichlingen bevölkern die
Steilwände. Gotland eine raue Welt, aber auch ein Naturparadies - eine Insel
mit ganz unterschiedlichen Gesichtern. Nirgendwo sonst auf der Ostsee gibt
es so hohe Felsen. Die Gletscher in der Eiszeit hinterließen meist nur
niedrige Plateaus.
Die
Insel Gotland ist seit der Steinzeit bewohnt. 1361 wurde Gotland von den
Dänen erobert, einige Jahre später vom Deutschen Orden beherrscht und wurde
1645 endgültig schwedisch. Die heute noch 94 Kirchen auf der 176 km langen
und 50 km breiten Insel wurden alle vor 1350 gebaut. Alte Patrizierhäuser,
wo die Handelsherren wohnten, die den umliegenden Markt monopolisiert hatten
und den Bauern verboten, Salz direkt
von anlaufenden Schiffen zu kaufen,
weil sie selbst das Dreifache verlangten, Zeugnisse der Zunftherrschaft,
unter der Visbys Handwerkerzünfte durchdrückten, dass man auf den Dörfern
weder Schuhe, Kleider oder andere Bedarfsartikel herstellen durfte, wechseln
ab mit Gasthäusern und Cafes.
An der Westküste ragen
die eigentümlichen Felseninseln Stora Karlsö und Lilla Karlsö aus den
Tiefen. Nördlich von Fårö erhebt sich die merkwürdige Flugsandinsel Gotska
Sandön aus der Ostsee. Die nur 36 Quadratkilometer große Insel wurde 1963
zum Nationalpark erklärt. Gotland hat das günstigste Klima von ganz
Schweden. Die Anzahl der Sonnentage ist höher als überall anders in
Schweden. Die Rosen blühen hier im Freien bis Weihnachten. Durch den
kalkreichen Boden gedeihen hier alle Arten von Orchideen besonders gut. Der
Wald besteht zu dreiviertel aus Kiefern und bedeckt 44 Prozent der Insel.
Die Ostseeinsel beherbergt auf ihren steilen Klippen riesige Vogelkolonien.
Zwei Drittel der Gotländer wohnen auf dem Lande. Die Insel ist ein beliebter
Unternehmensstandort mit kurzen Entscheidungswegen zwischen öffentlichen und
privaten Organisationen. Nirgendwo in Schweden gibt
es mehr Kleinunternehmen. Die Landwirtschaft hat einen großen Stellenwert.
Gotland exportiert Karotten, Tomaten, Gurken und veredelte
Lebensmittelprodukte – zumeist in die anderen schwedischen Provinzen, doch
auch ins Ausland. Übrigens ist Gotland die einzige Region in der EU, wo Senf
angebaut wird. Auf Gotland wird zum Teil noch der Dialekt Gutamål
gesprochen. Die größten Arbeitgeber auf Gotland sind Svenska Spel, Payex, Rederi AB Gotland, Wisby
Tankers, Gotlands Slagteri, Coop Gotland, Nybergs Entreprenad, Rindi Energi und
Abirra AB.
Gotland geriet in den blutigen Kampf, den Dänemark und Schweden
um die Auflösung der Kalmarer Union führten. Die Insel war ein strategisch
wertvoller Vor- und Außenposten. Von der Hanse mobilisierte Vitalienbrüder,
Freibeuter vom Range Störtebekers, betrieben von der heute fast völlig
abgetragenen Feste Visborg aus, am Südeck der Stadtmauer, einträgliche
Seeräuberei und schonten dabei auch nicht die Koggen und Schoner der
Auftraggeber und Verbündeten. 1525 hatte Lübeck, lange Partner, immer
Rivale, genug. Am Pfingstsonntag legten seine Truppen das nördliche Viertel
in Schutt und Asche, auch die Kirchen. Nur St. Marien, die Gemeinde- und
Gastkirche der Deutschen, blieb verschont und veranschaulicht, obwohl ihre
Spitztürme von Barockkuppeln ersetzt wurden und barockes und neoklassisches
Kultmobiliar ihr klares gotisches Inneres verrückt, Visbys
hochmittelalterliche Pracht.
Gleich hinter den Serien von
Reihenhäusern und Wohnmaschinen, die heute Visby, die einzige größere Ortschaft,
wie eine zweite missgestaltete Mauer umgeben, beginnt eine weit über tausend
Jahre von Schafzüchtern, Acker- und Waldbauern genützte und für ihren Bedarf
gestaltete Kulturlandschaft. Nach Norden hin Föhren- und Krüppelkiefernwälder,
karge Weiden, hier und da auch noch ein paar ausgesparte Sümpfe und Sumpfwiesen,
nach Osten, von Nadelwäldern und Laubbaumgruppen unterbrochen und gesäumt,
Weiden, Getreideäcker, Kartoffel- und Gemüsefelder, ganz im Süden steinige
Böden, Laubhecken und Laubwiesen. Was diese ruhigen Dutzendlandschaften zum einprägsamen Erlebnis macht, ist
der herbe prickelnde Atem der See, der überall, auch noch in einer
Waldlichtung, zu spüren ist. Und dann natürlich die Kirchen, deren
unproportional hohe Spitztürme hinter fast jeder Straßenkrümmung, fast
jeder Waldecke, fast jeder Weidenkuppe in den Himmel stoßen. Verlassen, so
scheint es, stehen sie da an einem Feldwegekreuz, weit entfernt vom
nächsten Gehöft, das Gotteshaus oft ein schlichter Baukörper, der einem
etwas zu groß und zu hoch geratenen Schober ähnelt, an dem noch ein kleiner
Stadel haftet. Erst nach dem Besuch mehrerer Gotteshäuser fällt auf, dass
diese eigenwillige dreiteilige Form gewollt ist, typisch für die ländlichen
Kirchen auf Gotland. Noch mehr erstaunen Baudetails und Innenschmuck. Die
Kirche in Stånga etwa, eine der größten, aber auch die Kirche in Bone, als
klassisch gotländisches Modell gerühmt, zieren Portale, die einem Dom im
Rheinland anstünden. Die Fresken der Kirche in Gothem, die Glasfenster in
Lye und Losta, die Taufsteine und Giebelfriese unbekannter Steinhauer, die
in vielen Kirchen ihre unnachahmlich ausdrucksstarke Handschrift hinterlassen
haben, bekunden, dass die Bauherren hoch hinaus wollten.
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Hier wurden keine Dorfkirchen
entworfen, sondern Kathedralen. Mehr als neunzig gibt es davon, in allen
Ecken der Insel, alle zur gleichen Zeit wie die Kirchen in Visby errichtet,
im 12. und 13. Jahrhundert.
Unter dem Kalkbewurf der Reformationszeit wurden in manchen Kirchen auf Gotland
alte Kirchengemälde entdeckt und restauriert.
Genau wie die Hanseaten wollten die Auftraggeber, oft Gutsbesitzer, mit diesen Kirchen
ihren Reichtum, vor allem aber ihre Selbständigkeit veranschaulichen. Jedes
noch so kleine Gemeinwesen hatte ein üppig ausgestattetes Gotteshaus. Die
Kirchen sind genauso erhalten wie damals. Die
Bauernkathedralen und ein paar halbwegs erhaltene Gehöfte aus dem 12.
Jahrhundert, zum Beispiel Kattlunds und Grötlingbo am Südzipfel der Insel,
bilden die sichtbare Hinterlassenschaft aus der Spätblüte der gotländischen
Bauernrepublik, deren Wurzeln bis zurück in die Bronzezeit reichen. Ihre
Bürger, im Gotländischen als "Fahrmänner" bezeichnet, regelten ihre
gemeinsamen Anliegen im "Gutating", einer beratenden und beschließenden
Versammlung, verfügten im "Gutalag" über ein eigenes Landrecht und führten
ein eigenes Siegel, auf dem in heidnischer Zeit ein Widderkopf, nach ihrer
wohl gewaltlosen Bekehrung zum christlichen Glauben ein Lamm mit einer Fahne
prangte.
Fluchtburgen, kunstvoll angelegte und
rätselhafte Labyrinthe, "Hünengräber", die sich längst als Hausfundamente
der Bronzezeit entpuppt haben, schiffsförmige Riesengräber (das mächtigste
in Gannarve an der Küstenstraße südlich von Klintehamn, råir genannt),
Hügelgräber, alle sind sie aus Stein, von Menschenhand bewegt und gesetzt.
Wie beeindruckend all diese Steinwerke auch wirken, so dürftig nehmen sie
sich beim Vergleich mit den Skulpturen aus, die Wasser und Wind aus dem
Kalk- und Sandstein geformt haben, mit den Abdrücken, den der Kampf der
Elemente hinterlassen hat. An die tausend raukar säumen die Klippen und
Sandstrände, wandern in Gruppen hinaus ins Meer, halten wie vorsintflutliche
Riesen vor dem Ufer Wache, verbinden sich zu gewaltigen Ketten, stehen wie
Totempfähle in der Gischt, bäumen sich an der Böschung wie versteinerte
archaische Untiere. Es sind Erosionsrückstände, härteres Gestein, das sich
behauptete, als die See an der langsam auftauchenden mächtigen
Kalksteinplatte der Insel nagte. Diese Strandpfeiler zählen zu den
eigenwilligsten Naturwundern Skandinaviens. Besonders gewaltige Raukarfelder
gürten die Küste bei Lauterhorn auf Fårö. Was den Strandpfeilern bei Folhammar an Wucht
fehlt, gleichen sie durch ihre Formenvielfalt aus. Mächtige Ungeheuer
erheben sich neben niedrigen Steinfeldern, die einem Abguss der wogenden
Ostsee gleichen. Überdies liegt diese Felsengruppe am schönsten
Küstenabschnitt inmitten lang gedehnter feiner Sandstrände. Natürlich haben
die Gotländer ihren besten Stücken menschliche Züge angedichtet: Der mit 15
Metern höchste Pfeiler der "Jungfrau von Lickershamn" nördlich von Visby verkörpert die Stifterin eines Nonnenklosters, an der Südspitze der Insel
hockt der hoburgsgubbe, der "Alte von Hoburgen", die Inkarnation des Urgotländers.
In dem Dorf
Stånga finden jährlich die "Stångaspelen", eine "gotländische
Olympiade" statt. Aus ganz Schweden versammeln sich die Mannschaften, die einer
Sportart huldigen, deren Ursprung auf Gotland liegt. "Varpa" heißt die kleine
Metallscheibe, 4-5 Kilogramm schwer, die in Händen geübter Sportler ruht und so
geworfen werden muss, dass sie mit größter Präzision einen zwanzig Meter
entfernten kleinen Pfosten trifft oder in seine Nähe kommt. Ein ruhiges Spiel,
zu dem viel Geduld und Übung gehört. Es ist auf Gotland entstanden und die
jüngsten Ausgrabungen haben Beweise dafür erbracht, dass man es bereits in der
Steinzeit betrieben hat. Der Ursprung des Spiels wird in der Abwehr gegen Invasionsflotten
gesucht. Schon die kleinen Kinder beginnen sich darin zu üben. Fährverbindungen:
Von den
Häfen Oskarshamn und Nynäshamn verbinden Fähren der Reederei
'Destination Gotland' das Festland mit Visby. Von Gotland besteht eine kostenlose
Fährverbindung zur Insel Fårö. Nachbarinseln:
Fårö 114 km2 Gotska
Sandön 37 km2 Furilden 4 km2 Stora Karlsö 2,4 km2
Lilla Karlsö 1,6 km2
Stora Karlsö wird von unzähligen Vogelschwärmen bevölkert. Es gibt unter den Klippen tiefe Höhlen, in denen man Geräte und Knochen
aus der Steinzeit gefunden hat. Die Menschen, die sich mit ihren kleinen Booten
über die Ostsee wagten, um neue Nahrungsquellen zu suchen, fanden hier eine
erste, sichere Unterkunft. Sehenswürdigkeiten:
Gotlands fornsal
(Museum), Runensteine, Funde aus der Wikingerzeit, Raukare an der Westküste,
Eisenhütte Lummelunda, Geschichte der Hanse, Botanischer
Garten, mittelalterliche Kirchen.
Schwedisches Weltkulturerbe
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Geographie
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