Die nach
Greta Garbo wohl berühmteste schwedische
Filmschauspielerin, Ingrid Bergman, scheint, zumindest nicht auf den ersten
Blick, ins Bild der "typischen" Schwedin zu passen. Sie verließ Schweden bereits
zu Beginn ihrer Karriere. Ähnlich wie Greta Garbo sah Ingrid Bergman in ihren
ersten Filmen aus wie ein süßes Mädchen mit viel Babyspeck. Ingrid Bergman
genoss gern den gesellschaftlichen Rummel. Wie ihr einstiger Presseberater
Joseph Henry Steele schrieb, war Ingrid Bergman "eine starke Frau auf der Suche
nach einem noch stärkeren Mann".
Ingrid Bergman heiratete 1937 den Zahnarzt Petter Lindström.
Sie bekamen im selben Jahr die gemeinsame Tochter Pia.
Als Ingrid Bergman im Jahr 1939 für den Film Intermezzo in
die USA geholt wurde, konnte die junge Schwedin das amerikanische Publikum vor
allem durch ihre Natürlichkeit für sich einnehmen.
Als 1950 bei den Dreharbeiten zu dem italienischen Film
"Stromboli" Gerüchte über ein Liebesverhältnis mit Regisseur Roberto Rosselini
kursierten und Ingrid Bergman dann Mutter eines unehelichen Kindes wurde, ging
ein Sturm der Entrüstung durch das puritanische Amerika. Ihre Hollywood-Karriere
erlitt durch die von ehrlicher Abscheu für derlei Sittenverfall getragene
Kampagne moralisierender Frauenvereine einen empfindlichen Knick. Damals galt
gerade Ingrid Bergman in den USA als das Musterbeispiel eines glücklich
verheirateten Stars. Nach ihrer Scheidung von ihrem Mann, einem schwedischen
Arzt, und der Heirat mit Roberto Rosselini stellte sich aber heraus, dass die
künstlerische Zusammenarbeit zwischen den beiden nicht funktionierte. So
scheiterte auch diese Ehe.
Ingrid Bergmans gewinnendes Lächeln, ihre Warmherzigkeit,
ihre Lebensfreude begeisterten das Publikum. Dabei ist ihr Leinwand-Image alles
andere als eindeutig – da findet sich durchaus eine "Madame Jekyll" neben der "Sister
Hyde". Es ist bezeichnend für die Bergman, dass sie bei der "Dr. Jekyll and Mr.
Hyde"-Verfilmung von Victor Fleming (1941) darauf bestand, die Rolle des
Straßenmädchens Ivy zu spielen, das von Hyde verführt und dann ermordet wird.
Für diese Rolle war Lana Turner vorgesehen, während Ingrid Bergman die sanfte
Verlobte von Dr. Jekyll spielen sollte. Indem sie sich gegen das "Goody-Goody-Heldinnen-Klischee"
wandte, wie sie es nannte, setzte Ingrid Bergman ihren Kopf durch, und der Vamp
Lana Turner spielte die brave Verlobte.
In ihren frühen schwedischen Filmen verkörperte Ingrid
Bergman noch das gesunde, strahlende, saubere Mädchen mit robustem Naturell. Bei
ihrem Leinwanddebüt in "Munkbrogreven" (Der Graf von der Mönchsbrücke) im Jahre
1934 war sie 19 Jahre alt und kam gerade von der Schauspielschule. In
"Intermezzo", 1936 von dem schwedischen Regisseur Gustaf Molander inszeniert,
spielte sie eine idealistische junge Pianistin, die ihre erste Liebe erlebt. Und
in dem Kult-Klassiker "Casablanca" (1942) widersteht sie als kluge und
tugendhafte Frau sogar Humphrey Bogart.
Aber oft spielte sie auch frivole Figuren – Abenteurerinnen
und manchmal richtige Flittchen: in "Spiel mit dem Schicksal" (1944) von Sam
Wood zum Beispiel oder in "Berüchtigt" (1946) und "Sklavin des Herzens" (1949),
beide von Alfred Hitchcock. Und dann ist sie wieder "Johanna von Orleans" (1948)
oder "Anastasia" (1956). In den späteren Jahren ihrer Karriere stellte sie
wiederholt ihr Talent als Komödiantin unter Beweis, in Filmen wie "Der gelbe
Rolls Royce" (1964), "Die Kaktusblüte" (1969) und "Mord im Orient-Express"
(1974), wo sie für ihre wundervolle Nebenrolle als spinnerte schwedische
Missionarin ihren vierten Oscar bekam.
Die Arbeit der Star-Schauspielerin mit dem Star-Regisseur
Ingmar Bergman in dem düsteren
Film "Herbstsonate", in dem Ingrid Bergman 1978
zum zweiten Mal in ihrem Leben eine Konzertpianistin spielt, bildet den
Abschluss einer 46 Filme, zehn Bühnenstücke und vier Fernsehspiele umfassenden
Karriere.