Schon heute gelten die Skandinavier in
Sachen Nachhaltigkeit als Vorreiter — und der spektakulärste Plan läuft erst an.
Die Gewässer Stockholms sind so sauber, dass die Hauptstädter ihre selbst
gefangenen Fische ohne Bedenken essen können. Schweden verzeichnete 2006 den
niedrigsten CO2-Ausstoß aller EU-Industrienationen. Und das Sammeln von Dosen
klappt seit mehr als 20 Jahren nicht nur makellos, Schwedens Bürger machen dabei
sogar mit heller Freude mit. Diese Fakten zeigen, dass es den Schweden im
Kleinen wie im Großen immer wieder gelingt, Ideen für den
Umweltschutz
umzusetzen — und zwar schneller als die meisten ihrer europäischen Nachbarn. Auf
einer weltweiten Hitliste der Länder mit der nachhaltigsten
Wirtschaft belegt
Schweden unter 146 Staaten Platz vier. Jetzt greift der Tre-Kronor-Staat nach
der Spitze der Umwelt-Charts — mit einem Plan, der visionär klingt und
revolutionär werden könnte: Bis 2020 will Schweden als erstes Land völlig
unabhängig vom Erdöl sein. Dieses epochale Ziel hat nicht eine Handvoll
übereifriger Öko-Aktivisten formuliert, sondern die schwedische Regierung.
Trotzdem trägt der Plan Züge einer Schnapsidee. Denn ein wesentlicher
Bestandteil der Abkehr vom Öl ist der Plan, Fahrzeuge mit Bioethanol, also einer
Alkoholart, anzutreiben.
Grüner Sprit und erneuerbare Energie
Schon heute gehören zehntausende
Bioethanolfahrzeuge zum schwedischen Straßenbild. Der alternative Kraftstoff
namens E85, den diese Fahrzeuge benötigen, wird aus Biomasse wie Zuckerrüben,
Stroh oder Holz gewonnen. Aus zwei Tonnen nordischer Kiefer lassen sich nämlich
nicht nur viele praktische Möbel zimmern, sondern auch 500 Liter Ethanol
destillieren. Der grüne Sprit verbrennt im Motor CO2-neutral, da die Pflanzen
während ihres Wachstums ja bereits erhebliche Mengen des Treibhausgases
„eingeatmet” haben.
Schweden will bis 2020 unabhängig vom Erdöl sein
Die von der schwedischen Regierung berufene
Öl-Kommission hat aber noch mehr auf Lager: Schon heute gibt es Dörfer und sogar
Städte bis zu 40.000 Einwohnern, die zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien
versorgt werden. Lokale Kraftwerke mit dem reichlich vorhandenen Brennstoff
heizen Häuser, Geschäfte und Fabriken. Viele Hausheizungen wurden auf Geothermik
oder Abwärme aus Müllverbrennung umgestellt. So sank der Anteil von Erdöl an der
schwedischen Energieversorgung in den vergangenen 30 Jahren von 77 auf 34
Prozent. Zugleich stieg der Anteil der erneuerbaren Energien auf fast 25
Prozent. Für den Umwelteifer der Schweden gibt es viele Gründe: Zum einen
sicherlich die Liebe zu ihrer wundervollen Natur – verbunden mit dem
traditionellen "Allemannsrätt" (Jedermannsrecht),
das jedem einen freien Zugang zur Natur und deren Nutzung gestattet, aber
gleichzeitig zur besonderen Rücksichtnahme verpflichtet. Zum anderen haben die
Skandinavier einfach früher reagiert als viele andere: Die Abkehr von den
fossilen Brennstoffen begann schon mit den ersten Ölkrisen der 1970er Jahre. Die
Schweden wissen also, dass der große Coup machbar ist. Und als moderne Menschen
planen sie den Öl-Ausstieg ohne Verlust an Lebensqualität.
Quelle: Environmental Sustainability Index (2006)
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