Das Wildschwein ist nach zweihundert Jahren Abwesenheit wieder zurück in den
schwedischen Wäldern. Die Tierart hat eine lange Geschichte in Schweden, die vor
mehr als 8000 Jahren begann.
Weil die Wildschweine enorme Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen
anrichteten, hatte man eine Abschussprämie ausgesetzt und die Tiere bis Ende des
17. Jahrhunderts ausgerottet.
Das Wildschwein galt in Schweden als ausgestorben,
bis Mitte der 1970er Jahre Wildschweine in Gefangenschaft eingeführt wurden. Als
einige etablierte Gruppen aus der Gefangenschaft in den 1970er und 1980er Jahren
entkamen, verteilten sie sich im sörmländischen Trosa, Björkvik und Kiladalen.
Ihre Anzahl ist ab den 2000er Jahren in verschiedenen Teilen Südschwedens stark
angewachsen. Heute gibt schätzungsweise 200.000 bis 300.000 Wildschweine in allen Bezirken in Südschweden.
Auftreten
Ein ausgewachsenes Wildschwein wird etwa 1 Meter hoch und knapp über 1,5 Meter
lang. Die Sau (weiblich) wiegt normalerweise 90-120 kg, während der Eber
(männlich) es bis auf 200 kg bringen kann. Das Wildschwein macht einen
frontlastigen, kompakten Eindruck. Die von der Schulter her abfallende
Rückenlinie endet in einem kurzen und geraden Schwanz. Der Kopf ist hat ein
dreieckiges Profil und aufgerichtete Ohren. Beide Geschlechter tragen Eckzähne,
die aus dem Unterkiefer erwachsener Tiere herausragen. Der Unterschied zwischen
den Geschlechtern, besonders in den ersten Lebensjahren, ist schwer zu erkenn,
wird aber später zunehmend deutlich. Der erwachsene Eber hat eine deutlichere
stärke Taille. Außerdem treten die Hoden des Ebers deutlich hervor. Bei
erwachsenen Sauen mit säugenden Jungen sieht man die Zitzen deutlich. Ein sechs
Monate alter Wurf ähnelt in der Größe einem mächtigen Labrador. Das Fell von
Wildschweinen ist im Winter dunkelgraubraun bis schwarz. Die Haare sind dunkel
an der Basis und heller zu den Spitzen, die oft gespalten sind. Diese
Eigenschaft unterscheidet Wildschweinhaar von Dachshaar, das mit dunkler Spitze
hell ist und sich nicht teilt. Das Sommerfell ist dünner und kurzhaariger als
das Winterfell. Das Tier macht während dieser Zeit einen insgesamt helleren
Eindruck. Das Fell der Frischlinge ist zunächst gelb gestreift mit dunkleren
Feldern. Nach einigen Monaten wird es immer mehr einfarbig braun. Die Eckzähne
des Ebers im Unterkiefer sind stark und wie Weiden geformt. Diese sind bei Sauen
und Jungtieren weniger stark entwickelt. Der Eber hat auch einen Höcker auf dem
Nasenrücken, der bei der Sau weniger ausgeprägt ist.
Merkmale von Wildschweinen im Gelände
Der Kot sieht aus wie ein Haufen platt gedrückter und gestapelter Kugeln. Das
Aussehen variiert jedoch mit dem Futter - hat sich das Tier von Getreide
ernährt, kann der Kot zu einer Wurst gefüllt mit Strohstücken werden. Das
Wildschwein ist ein Klauentier. Jeder Huf hinterlässt zwei größere Abdrücke mit
abgerundeter Vorderkante und zwei kleinere Abdrücke. Die Aktivität der
Wildschweine hinterlässt deutliche Spuren. Sie durchwühlen im Boden auf der
Suche nach essbaren Teilen und hinterlassen eine zerrissene Vegetation mit
Furchen und Gruben. Aber
sie begünstigen auch die Verbreitung von vielen Arten von Pflanzen und sorgen
durch ihr wühlen im Boden zu einem schnelleren Nährstoffkreislauf im Waldboden.
Baumstämme verlieren oft ihre untere Rinde vollständig durch Reiben von
Wildschweinen gegen sie. In wasserreichen Böden sieht man oft große, flache
Gruben, in denen die Tiere sich suhlen. Vor allem während heißer Sommertage
halten sich gerne in den Schlammgruben auf.
Nahrung
Wildschweine sind Allesfresser, der Großteil der Nahrung (ca. 90 %) besteht aus
Gemüse. Ein ausgewachsenes Wildschwein nimmt im Sommer täglich etwa vier
Kilogramm Futter zu sich. Ein Jungtier kann mit etwa der Hälfte überleben,
braucht aber im Winter mehr. Unterirdische Pflanzenteile wie Wurzeln machen den
größten Teil der Nahrungsaufnahme im Winter aus. Es sind hauptsächlich die
Wurzeln gewöhnlicher Pflanzen wie Windröschen, Anemonen, Sumpfdotterblumen und
Weißwurz. Im Sommer fressen Wildschweine gerne grüne Blätter von beispielsweise
Riedgras und Disteln. Im Spätsommer und Herbst fressen sie unter anderem viele
Samen und Früchte u. a. Buchteln, Eicheln und Haselnüsse. Das Wildschwein
sucht gerne auf Feldern und Weiden nach Nahrung. Die tierische Nahrung, die das
Wildschwein frisst, besteht aus Regenwürmern, Insektenlarven und andere
Wirbellose. Bei großem Insektenbefall in den Wäldern hat es sich gezeigt, dass
sich viele Schweine darauf spezialisiert haben, nach deren Larven und Puppen im
Boden zu wühlen. Auch kleine Nagetiere, Küken und Eier werden bei Gelegenheit
verzehrt. Es besteht also ein gewisses Risiko, dass Wildschweine in einigen
Gebieten das Auftreten von Niederwild oder am Boden lebender Vögel begrenzt.
Auch Innereien und Kadaver frisst das Wildschwein gerne.
Biologie
Sowohl Sauen als auch Eber werden im ersten Lebensjahr geschlechtsreif, aber es
ist selten, dass sie sich so früh paaren. Normalerweise paaren sich die Sauen
zum ersten Mal als 1½-Jährige, also im zweiten Herbst. Die Eber decken
normalerweise nicht vor ihrem zweiten Lebensjahr, wobei die älteren Vorrang
haben. Während der Paarungszeit verlieren die Tiere etwas von ihrer Scheu.
Wildschweine sind sonst sehr wachsam und halten sich tagsüber in schützender
Vegetation versteckt. Wildschweinsauen sind fast das ganze Jahr über
paarungsfähig. Die meisten Paarungen finden von August bis Dezember statt. Die
Sauen sind etwa 115 Tage trächtig und gebären ihre Jungen daher hauptsächlich
von Februar bis Mai. Aufgrund der langen Brunstperiode können jedoch jederzeit
während des Jahres Jungtiere geboren werden. Kurz bevor die Sau vor der
Geburt steht, gräbt sie an geeigneter Stelle eine flache Grube. Sie kleidet das
"Nest" mit Pflanzenteilen aus, die ein schützendes Dach für die neugeborenen
Frischlinge bildet. In den meisten Fällen bringt die Sau nur einen Wurf pro Jahr
zur Welt. Die Anzahl der Frischlinge hängt unter anderem vom Alter der Sau ab.
Eine junge Sau bringt durchschnittlich 3-4 Junge zur Welt, während eine Sau von
über 3 Jahren 5-6 (manchmal auch mehr) zur Welt bringt. Eine Wildschweinsau
kann höchstens acht Junge säugen. Jeder Frischling hat seine eigene Zitze, an
dem er immer saugt. Schon in den ersten Wochen folgen die Frischlinge der Sau
auf kürzeren Exkursionen um das Nest herum. Nach weiteren Wochen wird das Nest
verlassen und die Gruppe begibt sich auf längere Wanderungen. Die Sau
beschützt die Frischlinge und hält die Gruppe mit Grunzen zusammen. Die
Frischlinge säugen die meiste Zeit während der ersten Wochen und sind erst im
Alter von 3-4 Monaten vollständig entwöhnt. Die Jungtiere sind abhängig von der
Muttermilch und der Führung der Mutter und kommen mit dem ersten Winter meist
nicht alleine zurecht. Die Frischlinge wachsen schnell und wiegen bereits
nach sechs Monaten etwa 20 kg. Im Winter verlieren sie etwas an Gewicht, aber
schon im Alter von einem Jahr wiegt ein Jungtier etwa 60-65 kg. Wenn sie dieses
Alter erreicht haben, ist es für die Sau Zeit für einen neuen Wurf und verstößt
den Wurf vom letzten Jahr. Wildschweine leben
matriarchalisch, d. h. eine Wildschweingruppe wird von einer Wildschweinsau
geführt. Die Alterszusammensetzung einer Wildschweingruppe beträgt in der Regel
75 % Jungtiere, 15-20% Frischlinge und 5% ältere Tiere. Eine Wildschweinpopulation braucht eine Mindestanzahl von Tieren, damit sie
nicht aussterben. Bei Dichten unter 2 Tieren pro 1000 Hektar zeigt
sich, dass das Sozialsystem der Wildschweine nicht mehr funktioniert und die
Population nicht weiter überleben kann. Die Populationen in Schweden liegt meist
bei einer Dichte von 10 Tieren auf 1000 Hektar. Unter günstigen Bedingungen
kann die Wildschweinpopulation schnell zunehmen, denn die Sauen werden relativ
jung geschlechtsreif und können große Würfe haben. Die Wildschweine sind
kälteresistent und gut an ein raues Klima angepasst. Sie sind leben jedoch nicht
in Gebieten mit zu dicker Schneedecke und hartem Frost. In solchen
Winterumgebungen ist es zu schwierig, Nahrung zu finden. Deshalb kommen
Wildschweine in allen Provinzen unterhalb von Norrland vor, jedoch sind die
größten Konzentrationen im südlichen und südöstlichen Teil von Schweden zu
finden. Genetische Untersuchungen an Wildschweinen haben gezeigt, dass sich
Wildschweine leicht mit Hausschweinen paaren, obwohl die Chromosomenzahlen
unterschiedlich sein können. Bunte Mischschweine mit Fellpartien und anderer
Huffarbe sind durchaus üblich.
Krankheiten und Mortalität
Ein Wildschwein wird höchstens etwa zehn Jahre
alt. In Gehegen gehaltene Tiere und geschützt vor den Strapazen des freien
Lebens können sie jedoch doppelt so alt werden.
Eber leiden oft an Krankheiten, vor allem dann, wenn die Bevölkerung zu
dicht ist. Die gravierendste Krankheit ist die Schweinepest, an der sich auch
Hausschweine (aber nicht Menschen) infizieren können. In Schweden ist die
Schweinepest seit 1944 nicht mehr vorgekommen. Wildschweine sind auch Wirte für
Trichine, eine Art von Spulwürmern. Von Trichinen infiziertes Wildschweinfleisch
ist in Schweden sehr selten (weniger als zehn Fälle in den letzten Jahren, wobei
kein Mensch infiziert wurde), aber es ist zwingend erforderlich, das Fleisch vor
dem Verkauf zu untersuchen. Eine andere Krankheit bei Wildschweinen ist die
Maul- und Klauenseuche. Diese Viruserkrankung tritt allerdings sehr selten auf.
Wildschweine haben nicht viele natürliche Feinde, aber die Jagd ist der
wichtigste Begrenzungsfaktor. Verkehr und Ertrinken verursachen jedoch auch eine
gewisse Sterblichkeit. Verkehrsunfälle mit beteiligten Wildschweinen haben in
den letzten Jahren stark zugenommen. Wildschweine dürfen in Schweden vom 16. April bis 15. Februar (Jungtiere das
ganze Jahr über) gejagt werden.
Seit dem Jahr 2000 steigerte sich die Abschussquote jedes Jahr um ca. 30 Prozent
bei gleichzeitigem Anwuchs der Population von 50 Prozent pro Jahr.
Wildschweinabschüsse pro Jahr in Schweden

Die schwedische Tierwelt
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